Volllederschuhe | Meindl | Magazin Zürich

23. Juni 2017
Echte Schuhmacherhandwerkskunst

Vollleder-Wanderschuhe von Meindl

Altbewährte und von Hand hergestellte Dinge, so finde ich, sind eine Wohltat für die Seele. Sie beruhigen, erzählen Geschichten und wecken Erinnerungen.

Was einst die totale Normalität war, ein Vollleder-Wanderschuh, zwei- oder dreifach genäht und robust bis in alle Ewigkeiten, wird heutzutage als Sonderbarkeit gehandelt. Doch die Industrie hat, trotz aller Experimentierfreudigkeit, keinen auch nur annähernd so hochwertigen Ersatz gefunden. Ein bisschen burlesk, finde ich, und huldige mit Entzücken den altbewährten Werten.

Ich bin kein grundsätzlicher Gegner von technischen Innovationen. Hier und da haben diese Erfindungen in der Tat ihre Berechtigung. Im Grossen und Ganzen jedoch bin ich kein Freund von synthetischem Firlefanz. Vielmehr schwöre ich auf Naturprodukte, also Leder, Walkstoffe, Schaf- und Baumwolle. Ich bevorzuge das altbewährte Schichtenprinzip. Auch so eine altmodische Empfehlung zwar, funktioniert aber tadellos.

«Ein Sich-darauf-Einlassen ist Teil des Ganzen.»

Auf was ich freilich total stehe, das sind handgestrickte Wollsocken. Oder die kniehohen Wandersocken von Rohner aus Schurwolle. Und, streng genommen der wahre Grund dieser Publikation, auf meine Bergstiefel von Meindl: Silikonimprägniertes Juchtenleder, einteiliger Schaft und zwiegenäht. Ziemlich hardcore diese Teile. Total unverwüstlich, neu und ungetragen jedoch knochenhart und starr. Bezüglich Qualität und Langlebigkeit hingegen ist der «Perfekt», so der passende Name, unschlagbar. Die einzig ernstzunehmende Alternative ist sein grosser Bruder, der «Super Perfekt». Nochmals ein Stück schwerer, aus Schweizer Militärrindleder gearbeitet, steigeisenfest und an der Dreifachnaht am Schuhrand einfach zu erkennen.

Leider werden Produkte, auf die man bedenkenlos ein solches Loblied singen darf, immer seltener. Für die genannten Beispiele jedoch halte ich meine Hand ins Feuer. Da stimmt einfach alles. Preis und Leistung sowieso. Obendrauf kriegt man ein echtes Stück traditioneller Schuhmacherhandwerkskunst. Dass Schuhwerk dieser Art mit Geduld und etwas Verständnis für die Machart eingetragen werden will und ab und an etwas Pflege benötigt, will ich nicht schönreden. Das ist – buchstäblich – eine knallharte Tatsache.

Ein Gefühl von Geborgenheit
Handkehrum macht dieser Aufwand Sinn und bringt zum Ausdruck, dass ein Sich-darauf-Einlassen Teil des Ganzen ist. Altbewährte und von Hand hergestellte Dinge, so finde ich, sind eine Wohltat für die Seele. Sie beruhigen, erzählen Geschichten, wecken Erinnerungen und geben uns ein Gefühl von Geborgenheit. Möglicherweise liegt das daran, dass sich, wenn wir sie berühren, verstehen lässt, wie sie gefertigt wurden und welche Mühe dahintersteckt. Synthetik schafft das niemals. Massenware ebenfalls nicht. Diese hehren Worte in Gottes Ohr und euch einen wunderbaren Sommer in den Bergen. Oder wo auch immer ihr die Natur zu eurem Verbündeten macht.

Text: Urs Blöchliger | Fotografie: Karine & Oliver

6 Kommentare
  1. Anja Vanal
    Anja Vanal sagte:

    Mein erster Bergschuh in meiner Kindheit hatte ich von Meindl… war immer stolz auf diesen Schuh! Die Firma Meindl ist irgendwie in den letzten Jahren untergegangen in meinen Erinnerungen an gutes Schuhwerk! Wieso, keine Ahnung?! So schön diesen Artikel zu lesen! Bin inspiriert die Lebenswerke von Meindl wieder einmal zu sehen!

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    • Urs Blöchliger
      Urs Blöchliger sagte:

      Mir ging es wie dir liebe Anja, doch ich kam früher darauf zurück und trage mein Meindl-Schuhwerk seit Jahrzehnten auf unseren Wanderungen. Für Fuss und Trittsicherheit, da bin nich mir sicher, gibt’s nichts, das wesentlich besser sein kann. Für mich sind sie jeden «Stutz» wert und die Zeit, die ich in deren Pflege investiere, ist mir lieb und teuer.

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  2. Christoph Grossrieder
    Christoph Grossrieder sagte:

    Wunderbar geschrieben.
    Die Schwierigkeiten mit der Handwerkskunst für Schuhe liegt, ergänzend formuliert, in folgendem: dasselbe Modell kann unterschiedlich aussehen (Leder ist ein Naturprodukt) und manchmal weisst es minimale Grössenunterschiede auf. Schliesslich ist es ein «Hand-Werk». Wer sich darauf einlässt, der erhält dafür ein Unikat. Und das lohnt sich immer!

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    • Urs Blöchliger
      Urs Blöchliger sagte:

      Dankeschön lieber Christoph. Für das Kompliment und deine ergänzenden Worte. Ich stimmte dir voll und ganz zu und rate jedem, sich mit dem Anprobieren Zeit zu nehmen. Kleine «Fehlerchen» im Leder hingegen, darf man grosszügig ignorieren. Wird der Schuh regelmässig getragen und ebenso gepflegt, ist solcherlei in kürzester Zeit eh nicht mehr erkennbar.

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  3. Matthias Arlt
    Matthias Arlt sagte:

    In den ersten drei Jahren verfluchte ich gelegentlich beim Tragen diese «störrischen Dinger». Ja, man muss sich darauf einlassen, solche Handwerkskunst an seine Füsse zu schnüren. Heute jedoch, etwa 20 Jahre später, liebe ich sie über alles. Ich liebe sie derart, dass mich nur schon der Gedanke, einen ehrwürdigen Ersatz zu finden, etwas lähmt. Aber mit dem Wissen, dass der Nachfolger der Gleiche sein wird, nur mit einer Reihe mehr Ösen im oberen Bereich, werde ich es wohl schaffen. Sicher ist nur, dass mindestens der Zweite, mich überleben wird.

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    • Urs Blöchliger
      Urs Blöchliger sagte:

      Lieber Matthias, grüezi
      Es gibt keinen Ersatz. Es gibt nur einen Nachfolger. Und zwar aus demselben Hause 🙂

      Mit fröhlichen Grüssen in einen schönen Herbstabend.
      Urs B.

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