Reto, wie kamst du zur Distillerie Studer?
Damals arbeitete ich als Betriebsleiter bei der Landtwing Rütter AG im luzernischen St. Erhard; nach deren Schliessung lag es mir am Herzen in der Branche bleiben zu können. Da unser Gewerbe aber vergleichsweise klein ist, kann ich von Glück reden, bei der Distillerie Studer eine Stelle gefunden zu haben. Notabene eine, die passt und wie auf mich zugeschnitten ist.
Siehst du dich als Quereinsteiger?
Das darf man sehr wohl so schreiben. Gelernt habe ich ursprünglich Käser oder besser gesagt Milchtechnologe. Nach der Lehre hatte ich die Wahl, Käser zu bleiben und in die Industrie zu wechseln oder mich komplett neu zu orientieren. Nach zwei Jahren als Schichtarbeiter bei der Emmi AG war mir klar, dass Arbeit in der Industrie für mich keine Option war. Und in Kleinbetrieben waren durch das Käsereisterben offene Stellen knapp. Durch ein Inserat kam ich auf die besagte Firma Rütter. Dort war ich zu Anfang Allrounder, dann Abteilungsleiter und später Betriebsleiter. Auch habe ich dort das Brennen und Mosten gelernt. Gut zehn Jahre später wurde die Firma geschlossen, da es keine Nachfolge gab.
Wie lange dauerte die Ausbildung zum Brennmeister?
Eine Ausbildung im eigentlichen Sinne gibt es für den Beruf nicht. Bei meinem vorherigen Arbeitgeber war ich zuerst für den Betriebszweig Wasserabfüllung zuständig und als man mir die Frage stellte, ob ich die Kunst des Brennens erlernen möchte, war die Antwort klar wie Quellwasser. An einem Montagmorgen um vier Uhr durfte ich mit dem dortigen Brennmeister anfangen. Den zweiten Brand habe ich dann, unter dem wachsamen Auge meines Vorgesetzten, bereits selber gemacht. Durch diese Learning-by-Doing-Methode konnte ich enorm rasch dazulernen, mein Vorgehen kontinuierlich verbessern und das Handwerk verfeinern.
Was zählt für dich zu den schönsten Aufgaben? Und auf was würdest du gerne verzichten?
Wo soll ich anfangen? Das Probieren und Verkosten natürlich! Spass beiseite – das ist es wohl, was viele denken. Oder zu wissen meinen. Im Grundsatz ist es aber das Bedächtige. Sprich das Unaufgeregte und Rituelle unserer Tätigkeit. Schon damals als Käser hatte das Credo «Gutes braucht Zeit» Priorität. Genauso ist es beim Brennen. Und nach einem anstrengenden Herbst, wenn die Früchte angenommen werden, das Obst eingemaischt und dann Schritt für Schritt zu einem Destillat gebrannt wird, dann weiss man, dass man am richtigen Ort arbeitet. Es ist dieser geruhsame Prozess, der nötig ist, um aus Gutem Bestes zu machen und der dich total zurück auf den Boden bringt. Das ist in der heutigen Hektik etwas ungemein Schönes. Und unbezahlbar. Auf den Papierkram hingegen würde ich gerne verzichten. Notwendig ist er trotzdem.
Was sind deine Favoriten?
Das ist ziemlich einfach. Der Vieil Abricot und der Rum 1653. Beide, so wage ich zu behaupten, sind nach einem feinen Essen perfekte Begleiter. Zum Kaffee, zur Zigarre oder einfach als Absackerli. Das Aroma des Abricot ist himmlisch. Mehr Aprikose geht schlichtweg nicht. Beim Rum überzeugen die subtile Note von Holz und die sanfte Süsse. Kommt hinzu, dass es das erste Produkt ist, das ich von Anfang an begleiten durfte. Vom Ausbau bis in die Flasche. Dass ich meine Unterschrift auf die Etikette geben darf, macht mich stolz.
Wie reagieren die Leute auf deine Arbeit?
Ohne Scherz, es ist ein durchschlagender Gesprächsöffner! Die Leute sind sehr interessiert an meinem Beruf und stellen mir massenhaft Fragen. Wie destilliert man? Wie bist du zum Beruf gekommen? Darfst du nach der Arbeit noch Auto fahren? Was empfiehlst du zu diesem und zu jenem? Was liegt derzeit im Trend und wie stehst du dazu? Kommt hinzu, so rede ich mir zumindest ein, dass mein Enthusiasmus ansteckend ist. Wenn’s ums Brennen geht, werde ich zum Schnorri. Doch diese Gespräche und das Spintisieren gehören quasi zu den Ingredienzen meines Wirkens als Brennmeister.
Was sind Deine Ziele und Projekte?
Gesund bleiben. Das wünsche ich grundsätzlich allen Menschen. Alles Weitere wird sich ergeben. Beruflich gesehen habe ich meinen Traumjob gefunden. Mehr brauche ich eigentlich nicht. Und da ich noch nicht so lange bei Studer arbeite, habe ich mir um fernere Ziele noch keine Gedanken gemacht. Mir ist das, was ist, für den Moment genug. Noch immer ist einiges neu, vieles spannend und jeder Tag bringt Überraschungen. Für den Moment geniesse ich es einfach, hier zu arbeiten. An alte Werte anzuknüpfen, Neues auszuprobieren und Teil eines etablierten Familienbetriebes zu sein.
Vielen Dank für das Interview. Hat Spass gemach!
Liebe Grüsse aus dem Hause mit dem guten Geist.
Reto Meier
Lieber Reto, guten Tag
Danke für deinen Beitrag.
So wie ich von Shirley hörte, hat es ihr ebenfalls große Freude gemacht. Immer wieder gerne 🙂
Herzliche Grüsse und viel Spass beim Brennen.
Urs B.
Vielen Dank für die interessante Darstellung dieses wirklich einzigartigen Berufswegs – vom Käser bis zum Schnappsbrenner! Ich kann solche selbst erlernte Fachkräfte für ihre Mühe und Eigenintiative nur bewundern. Die Schnappsbrennerei ist eigentlich im ganzen deutschsprachigen Raum ein traditionsreiches Gewerbe, woran auch mein Opa teilgenommen hat und uns auch jetzt aus seiner ehemaligen Brennerei immer wieder Verkostungen bringt!
Hallo Martin, danke für die netten Zeilen.
In der Tat sind solche Berufe, das dafür notwenige Engagement sowieso, bewundernswert.
Obendrein es ist immer wieder schön, von aufmerksamen Lesern zu erfahren, dass sie sich unsere Beiträge mit Wohlgefallen zur Gemüte führen.
Mit Dank für deine Nachricht und lieben Grüssen. Urs