Daniel Kost | Hotel Belvoir | Magazin Zürich

25. Juni 2019
Tautreten mit nackten Füssen

Die Dinge einfach machen, nicht komplizieren

Was sich leicht daherredet, ist oft recht schwierig. Und über knifflige Dinge schläft man am besten eine Nacht. Was in diesem Fall eindeutig zweideutig ist.

Ein Licht zündet man nicht an, um es unter einen Scheffel zu stellen, sondern auf einen Leuchter, damit es allen Menschen im Haus leuchte. Dieser kurze Abstecher in die heilige Schrift hat Hand und Fuss. Will sagen, ergibt Sinn. Als Hoteldirektor denke ich, logisch, gerne über derlei Sachen nach. Um Empfehlungen auszusprechen und den Gästen Gutes zu tun.

Dem Alltag entfliehen
Ein Hotel, per Definition ein Beherbergungs- und Verpflegungsbetrieb für zahlende Gäste, soll ein Ort der Erholung sein, finde ich. Ein geschützter Flecken, wo kulinarische und leibliche Wünsche befriedigt werden. Um dem Alltag zu entfliehen, Kraft und eine Extraportion Gelassenheit tanken zu können. Kurzum: Wir agieren als Gegenpol zu Stress! Was den Gast jedoch glücklich machen soll, stellt ihn allenfalls auch vor ein kleines Dilemma – und das lässt mich zum Kern der Sache respektive dieser Kolumne kommen:

Es ist Donnerstagabend, also noch nicht ganz Wochenende, ein junges Paar hat sich in heiterer Stimmung auf der Terrasse mit allerlei Leckereien verwöhnen lassen und bei einer feinen Flasche Wein interessante Gespräche geführt. Es ist kurz vor Mitternacht, man ist beim zweiten Kaffee angelangt. Nun kommt, Tiefenentspannung hin oder her, allmählich Aufbruchsstimmung auf. Weil anderntags die Pflicht, das Büro, wenigstens aber der Alltag ruft.

«Wir agieren als Gegenpol zu Stress.»

Die zwei gängigen Fragen, die spätestens jetzt auf dem Tisch und somit quasi neben der Rechnung liegen, lauten wie folgt: nehmen wir den eigenen Wagen oder das Taxi? Diese Fragen sind zwar naheliegend, muten auf den ersten Blick gar logisch an. Mit der Kunst, Dinge einfach zu machen, hat das jedoch nichts gemein, sondern mit schlechten Gewohnheiten und hartnäckigen Verhaltensmustern. Ein gutes Mittel, diese zu durchbrechen, ist Fantasie – in diesem Falle: spontan ein Zimmer zu nehmen. Sich in seligem Zustand fallen zu lassen, notabene in federweiche Kissen, süss zu träumen und sanft zu ruhen, bis der Morgen kommt in neuem Glanz.

Neben einem ausgezeichnetem Frühstück mit Blick auf den See, als wäre das nicht schon genug, besteht der Vorteil dieser intuitiven Handlung darin, Fesseln zu lösen, alte Denkmuster zu verlassen und neue Gefühlswelten zu erleben. Wer, so die Erfahrung, einen entspannten Morgen durchlebt, geht gestärkt und fokussiert an bevorstehende Aufgaben heran. Das ist ein Teil der Wahrheit, der andere besteht darin, dass uns Hoteliers glückliche und zufriedene Gäste lieb und teuer sind. Mein Tipp übrigens ist wie Tautreten mit nackten Füssen im noch feuchten Gras – Erdung und Heilung zugleich. Nichts Neues zwar, aber es funktioniert. Und zwar auf denkbar einfache Weise. Probieren Sie es aus. Es wirkt, mein Wort drauf.

Text: Daniel Kost | Fotografie: Karine & Oliver

Daniel Kost ist Gastgeber und Direktor im Hotel Belvoir in Rüschlikon. Der ehemalige Banker, Jahrgang 1975, ist Absolvent der Hotelfachschule Belvoirpark Zürich, im Besitz des Nachdiplomstudiums HF für Hotelmanagement und einer, bei dem stets die Neugier über die Skepsis siegt.

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