Egon Meier | Meier Architekten | Magazin Zürich

1. März 2016
Mit prächtigem Blick auf den See

Egon Meier im Interview

Der Architekt spricht über Antrieb, Kompromisse, gutes Handwerk und Inspiration.

Architektur kommt aus dem Griechischen und bedeutet im weitesten Sinne nichts anderes, als dass sich der Mensch mit gebauten Raum auseinandersetzen soll. Soll, nicht muss! Will sagen, Architektur als solches hat mit künstlerischem Schaffen noch nichts zu tun, sondern entsteht nach ökonomischen, konstruktiven und gesetzmässigen Funktionen.

Diese Auslegung erklärt auch, warum es so viele hässliche Bauten um uns herum gibt – Zweckmässigkeit muss ja nicht zwingend auch schön sein. Der kritische Beobachter darf gar weiter gehen und behaupten, dass heutzutage mehrheitlich nicht einmal die ursprüngliche und grundlegende Bestimmung der Architektur gewahrt wird. Woran genau das liegt, soll hier nicht weiter behandelt werden. Soviel hingegen sei gesagt: Die Berufsbezeichnung des Architekten ist in der Schweiz nicht geschützt. Jeder und jede kann sich so nennen, darf entwerfen und bauen. Andererseits befähigt auch ein Architekturstudium nicht zwingend dazu, zweckmässigen Funktionen sowie Formen und Proportionen zur Schönheit zu verhelfen. Glücklicherweise gibt es auch andere Architekten, und einen davon möchten wir hier vorstellen. Aufzeigen, wie ein solcher Typus funktioniert, wie er denkt und handelt, was ihn antreibt.

«Bauen ist wie das Leben selbst – ein ständiges Geben und nehmen.»

Wir treffen Egon Meier an einem sonnigen und warmen Herbsttag in Meilen. Vor kurzem hat er hier einen Neubau realisiert. Einen dunklen Kubus, von der Strasse leicht abgewendet, auf drei Etagen, mit prächtigem Blick auf den See. Noch sind die letzten Handwerker nicht von der Baustelle verschwunden und die Gärtner sind gerade daran, zwei herbstlich orange und rot gefärbte Ahornbäume zu pflanzen. Hier und dort ist noch ein Detail im letzten Stadium der Fertigstellung. Gleichwohl kann sich selbst der weniger Phantasievolle problemlos vorstellen, welches Ergebnis die Bauherrschaft hier erwarten darf. Und das wird ohne Frage grandios sein.

Der guten Ordnung halber soll an dieser Stelle festgehalten sein, dass ein Projekt, wie für diesen Beitrag ausgesucht, nicht für jedermann realisierbar ist. Und egal was erzählt wird: Bauen ohne genügend Eigenkapital ist grundsätzlich kompletter Schwachsinn. Doch es geht in diesem Beitrag auch nicht um individuelle Möglichkeiten, sondern um das, was kluges und ästhetisches Bauen ausmacht, und exakt hierzu wurden dem Protagonisten einige Fragen gestellt:

Auf deiner Homepage wird informiert und einiges gezeigt, aber bitte erkläre mir, wie wird man Architekt
Man wird es nicht, man lebt es. Und man wächst mit jeder Herausforderung.

Was treibt einen Architekten an?
Ein aussergewöhnliches Raumgefühl zu schaffen.

Was genau tust du für den Bauherrn?
Die grösste Herausforderung besteht darin, die Bauherrschaft auf meine Ideen-Welt-Reise mitzunehmen.

Worin liegt das grösste Konfliktpotential zwischen Architekt und Bauherrschaft?
Probleme gibt es in der Regel dort, wo sich die Bauherrschaft nicht richtig aufgehoben fühlt. Und dies ist dann der Fall, wenn man sich gegenseitig nicht verstanden fühlt respektive nicht sehen kann, was der andere sieht. Das ist tatsächlich eine Knacknuss.

Was macht dich unverzichtbar? Es gibt ja Architekten wie Sand am Meer.
Erfahrung, Erfahrung und nochmals Erfahrung. Damit meine ich auch, dass man aus Fehlern lernen muss.

Was machen die meisten Bauherren falsch, bevor sie auf dich treffen?
Oft stehen rationale Entscheide im Vordergrund. Ich denke aber, dass dem Baugefühl grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.

Wie seriös wird hierzulande gebaut?
Manchmal zu seriös (schmunzelt…).

Woran lässt sich gutes Handwerk erkennen?
Ganz einfach: wenn es passt!

Wie denkst du über Kompromisse?
Bauen ist wie das Leben selbst – ein ständiges Geben und Nehmen.

Wo holst du deine Ideen und durch was lässt du dich inspirieren?
Ich geniesse mein Leben und ich gehe ich mit offenen Augen durch den Alltag

Gibt es Tabus, also Dinge, die du ganz klar nicht angehst?
Nein, dazu bin ich zu neugierig.

Was ist eine deiner ersten Fragen an einen neuen Kunden?
«Erzählen Sie mir von Ihrem Traumhaus.»

Wie wichtig sind dir Feinheiten?
Wie sagt man so treffend?! «Im Detail liegt die Grösse.»

Egon Meier | Meier Architekten | Magazin Zürich

Randbemerkung
Bevor Egon zu diesem Interview erschien, hatten die Fotografin Tina Ruisinger und ich die Möglichkeit, uns von der sympathischen Bauherrin durch das Haus führen zu lassen. Da ich Egon Meier schon länger kenne und diverse seiner Werke bereits begehen konnte, wusste ich in etwa, was mich erwartet (und ich wurde nicht enttäuscht).

Was ich hingegen nicht derart ausgeprägt erwartet habe, sind die rundum lobenden Worte der Bauherrin. Schliesslich ist jeder Bau ein Werk und bei einem Werk kann doch das eine oder andere schief gehen. Auch wenn es zuweilen einige Kraftanstrengungen gekostet habe und die Familie froh, wenn der Bau in Bälde abgeschlossen sei, könne sie über die konstruktive Zusammenarbeit nur Gutes sagen. Meier sei die richtige Wahl gewesen und sie würde ihn jederzeit weiterempfehlen. Zudem strahlten ihre Augen vor Stolz und Freude bei jedem Detail und Extra, das sie uns zeigen konnte. Und das, so meine ich zu wissen, ist sprichwörtlich Gold wert. Für die Bauherrin genauso wie für den Architekten.

Text: Urs Blöchliger | Fotografie: Tina Ruisinger

Egon Meier, Jahrgang 1969, besuchte nach der Lehre als Hochbauzeichner die Kunstgewerbeschule in St. Gallen sowie die Fachhochschule für Innenarchitektur in Basel. Anschliessend studierte er an der Architectural Association AA in London. Meier ist seit 1997 selbständig und Vater einer Tochter. Unter der Federführung von Egon Meier und seinem Team ist in den vergangenen Jahren eine beachtliche Zahl von beeindruckenden Wohnobjekten entstanden – nicht nur in Zürich und dem Rest der Schweiz, sondern auch im Ausland. Sie alle tragen eine klare Handschrift und überzeugen durch hohe Qualität und durchdachtes Design.

Egon Meier | Meier Architekten | Magazin Zürich
2 Kommentare
    • Urs Blöchliger
      Urs Blöchliger sagte:

      Hallo Rob. Ja, das sehe ich genauso.
      Architektur ohne «Schischi», dafür mit viel Funktionalität im Innenleben. Und von aussen betrachtet, sind Egon’s Werke in der Regel eh ein Hingucker.

      Antworten

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