Grimselwelt | Gadmer Lodge | Magazin Zürich

19. Juni 2020
Kur mit positiver Nebenwirkung

Wie die Gadmer Lodge wurde, was sie ist

Was tun mit einem leerstehenden Schulhaus? Aus der Not eine Tugend, sagte man sich im Bergdorf Gadmen und liess daraus eine Herberge entstehen.

Das Dorf am Sustenpass sah sich seit Jahren mit der schmerzhaften Tatsache konfrontiert, dass junge Leute abwandern und damit auch die Schülerzahlen sinken. Im Jahr 2013 wurde die Schule geschlossen. Seither fahren die verbliebenen Kinder mit dem Postauto nach Innertkirchen zur Schule. Die Frage, die sich stellte, lautete also: Wie kann das Dorf nicht nur die Schulräume wiederbeleben, sondern überhaupt neue Impulse setzen, um die Abwanderung zu stoppen? Dafür eine Lösung zu finden, ist eine Herausforderung für viele kleine Orte, eröffnet aber auch neue Chancen, die im Bergdorf Gadmen am Schopf gepackt wurden.

Das Projekt Gadmer Lodge ist ein wichtiger Teil der Kur, die sich das Dorf selber verschrieben hat. Das Tal setzt auf die Förderung eines sanften Tourismus. Nachdem sich Gadmen 2014 mit der Nachbargemeinde Innertkirchen zusammengeschlossen hatte, prüfte die neue Gemeinde sorgfältig ihr Potential. Es zeigte sich: Das Tal mit seiner ursprünglichen Landschaft ist wie geschaffen, um gesellschaftlichen Trends wie Entschleunigung, Gesundheit und Natur mit einem Angebot abseits vom Massentourismus zu begegnen.

Unter dem Titel «Nordisches Zentrum» fördert Gadmen seither gezielt Aktivitäten im Bereich Natur und Sport, nicht nur die klassischen nordischen Sportarten im Winter, sondern Erlebnisse, die rund ums Jahr möglich sind. Insidern war Gadmen immer schon als Kletter-, Skitouren- oder Fahrrad-Mekka bekannt. Jetzt will sich die Gemeinde bewusst und mit einer nachhaltigen Strategie in diese Richtung weiterentwickeln. Gadmen will Schule machen. Ein vermeintlich vergessenes Bergdorf nimmt seine Zukunft in die eigenen Hände.

«Ein eigenwilliges Tal, das von den Bergen und der Lage am Pass geprägt ist.»

Die Übernachtungsmöglichkeiten und Beherbergungsbetriebe im Gadmental waren bislang nicht sehr zahlreich. Mit der Gadmer Lodge ist ein neuer Ort der Begegnung für Gäste und Einheimische entstanden. Die einstigen Klassenzimmer wurden zu einfachen Doppel- und Mehrbettzimmern ausgebaut. Das Angebot richtet sich vor allem an Trainings- und Sportgruppen, die die Mehrzweckhalle gleich nebenan benutzen können – und natürlich die beste Trainingsanlage der Welt: eine intakte Naturlandschaft, die gleich vor der Hoteltüre beginnt.

Verbunden mit dem Schultrakt ist ein Neubau, dessen Zimmer auf 3-Sterne-Niveau sich an den Bedürfnissen von Individualgästen ausrichten. Ein heimeliges Restaurant mit einer gutbürgerlichen Küche, ein kleiner Laden für Produkte aus dem Gadmental und ein Verleih-Service für Sportausrüstung ergänzen das Angebot.

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Wie eine Märchenlandschaft erhebt sich die Bergwelt rund um Gadmen. Wuchtig und sagenhaft gross erscheint die Gadmer Fluh, die Felsbarriere, die das Tal einrahmt. Beim näheren Hinsehen zeigen sich unzählige Türme, Spitzen, Wände, Dächer und Torbögen – die Fluh steht wie ein Monument über dem kleinen Dorf. Die Passtrasse schlängelt sich den Felsen entlang, steigt durch Alpwiesen und Wälder höher und höher, bis hinauf zum Steingletscher oben an der Susten-Passhöhe.

Im Herzen der Alpen findet sich hier, zwischen Meiringen und dem Urner Land, ein eigenwilliges Tal, das von den Bergen und der Lage am Pass geprägt ist. Im Sommer besuchen Radfahrer, Mountainbiker, Ausflügler und Reisende die Region, auf den Wanderwegen und in den Berghütten herrscht reger Betrieb.

Für Outdoorsportler wie auch Geniesser hat das Gadmental viel zu bieten. Bekannte Ziele zum Wandern sind das Triftgebiet mit der legendären Hängebrücke, den SAC-Hütten Windegg und Trift, die Tälli-Hütte und «ihr» Klettersteig oder die Steinalp beim Steingletscher. Unter Trailrunnern gelten die Wanderwege im Gadmental als Geheimtipp. Kletterern sind die Wendestöcke heilig, kein Wunder – an den Felsfluchten hoch über dem Tal sind verschiedene Kapitel in der Geschichte des Sportkletterns geschrieben worden.

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Im Winter hingegen, wenn die Pässe gesperrt sind, kehrt Ruhe ein. Dann gehört die Landschaft nur noch denjenigen, die auf leisen Sohlen unterwegs sind, mit Langlaufski, Schneeschuhen oder Skitourenausrüstung.

Jetzt dreht sich alles um die Langlaufloipen, die in kleineren und grösseren Runden angelegt sind. Die Mehrzweckhalle mit Umkleidemöglichkeiten und Aufenthaltsraum dient als Basis. Wer grosse Ziele hat, trainiert auf der Nachtloipe oder bucht einen Langlaufkurs. Der kleine Skilift bietet willkommene Abwechslung und ermöglicht Kindern, in entspannter Atmosphäre Ski zu fahren. Für ambitionierte Skifahrerinnen und Skifahrer finden sich traumhafte Skitouren-Gipfel in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden.

Wer es gemütlich mag, geniesst den funkelnden Nachthimmel, dessen Sterne zum Greifen nah scheinen, oder nimmt an einer Mondwanderung teil und lässt sich Geschichten von früheren Zeiten erzählen. Wintertage in Gadmen leben von der Stille, dem Schnee und der Kälte, sie sind mit Garantie echt und eindrücklich – weit weg von Alltag und Rummel.

Text: Annette Marti | Fotografie: David Birri

Ursprünglich veröffentlicht im Magazin der Grimselwelt.
In Beiträgen wie diesem steckt eine Menge Arbeit. Und viel Herzblut. Schade finden wir, wenn sie nur einmal publiziert werden. Folglich haben wir an dieser Stelle quasi eine Fundgrube eingerichtet. Mit, so finden wir, grossartigen Artikeln aus dem Fundus der KWO Kommunikation in Innertkirchen.

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