Dominic Bachofen | Carlton St. Moritz | Magazin Zürich

8. März 2017
Der Hüttenwart

Dominic Bachofen hat den Dreh raus

Es gibt Gäste, die haben Ferien in einem Fünf-Sterne-Hotel verbracht und während ihres Aufenthalts den General Manager nie zu Gesicht bekommen, hört man.

Im Carlton in St. Moritz wäre das unmöglich – Dominic Bachofen leitet das Carlton nicht bloss, er lebt in dem und für das grosse Haus mit der noch grösseren Tradition.

Der 56-jährige und der 1913 angeblich als Residenz des letzten russischen Zaren erbaute Winterpalast go back a long way: Seit Herbst 2009 ist er wieder der Direktor des Fünf-Sterne-Hauses, in dem es ausschliesslich Junior-Suiten und Suiten gibt (60 an der Zahl). Und vor dem Umbau zwischen 2006 und 2007 war er auch schon fünf Jahre lang verantwortlich für das Carlton gewesen. Die Echtheit der Zarenstory konnte nie nachgewiesen werden. Am besten hält man sich an das italienische Sprichwort «se non e vero e ben trovato». Heute wäre eine solche Geschichte nicht mehr nötig, denn das von Dominic geleitete Haus ist attraktiv genug.

Das klingt, als wäre es einfach so, als müsste nichts getan werden dafür. Stimmt nicht. Bachofen, seine Frau Laurence, die das Hotel mitführt, und zurzeit 142 Mitarbeiter sorgen dafür, dass Gäste, die höchste Ansprüche stellen, zufrieden, ach was, glücklich gemacht werden. 142 Mitarbeiter – eine komfortabel dicke Personaldecke für ein Fünf-Sterne-Haus mit 60 Suiten und allem, was noch dazugehört (Spa, Sonnenterasse und so weiter). Die Herausforderung aber ist, sagt Bachofen: «50 Prozent der Mitarbeiter suchen nach dem Ende der viermonatigen Saison eine neue Position.» Was bedeutet, dass er und sein Team jeweils rund siebzig neue Mitarbeiter zuerst rekrutieren und dann einarbeiten müssen. Glanz und Elend eines Saisonbetriebs? Bachofen will nicht jammern, sondern sagt, die kurze Saison erleichtere das Finden von guten Leuten wahrscheinlich eher. Weil viele während des Sommers in Sardinien oder anderen Resorts im Süden arbeiten und deshalb im Winter verfügbar seien.

«Am besten hält man sich an das italienische Sprichwort «se non e vero e ben trovato».

Er mag auch nicht jammern, wenn man ihn nach dem Geschäftsgang fragt: «Die Saison ist gut, wir haben im Januar und Februar prima gearbeitet, wir liegen über dem Vorjahr», antwortet er. Auch in die Klagen, die man in St. Moritz hört, was die Gästezahl respektive -qualität während der kürzlich zu Ende gegangenen Ski-Weltmeisterschaft angeht, stimmt er nicht ein: «Die Botschaft der Ski-WM war positiv für St. Moritz. Man hat im Fernsehen auf der ganzen Welt gesehen, wie schön es hier ist. Und dass wir Schnee haben.» Das sei nicht zu unterschätzen, denn der touristische Erfolg hänge ab von folgenden drei Faktoren: Wetter, Wirtschaft und Währung. Die drei Begriffe beginnen nicht bloss alle mit W, sie haben noch eine weitere Gemeinsamkeit – sie sind schwer zu beeinflussen für den Hotelier.

Wenn der Blutdruck in die Höhe schiesst
Glücklich ist, wer vergisst, was nicht zu ändern ist. Sagt man. Dominic, den ich als glücklichen Menschen erlebe, seit ich ihn kenne – und das sind nun schon mehr als 20 Jahre –, beschäftigt sich deshalb mit Dingen, die er ändern kann. Etwa der Qualität der Dienstleistung, die seine Mitarbeiter erbringen. Er wisse, dass das Angebot im Hotel seinen Preis habe, sagt er. Von Kaffee und Kuchen auf der Sonnenterasse im ersten Stock, wozu auch Gäste, die nicht im Haus wohnen, willkommen sind, bis zum Carlton Penthouse im obersten Stock. Die Kundschaft sei bereit, den hohen Preis zu zahlen. «Aber sie verlangen auch viel Leistung dafür», sagt Bachofen. Und darum schiesse sein Blutdruck jeweils in die Höhe, wenn ein Gast sich über einen Fehler beschwere. Dies passt dem Perfektionisten Bachofen gar nicht, wobei die Blutdruckwerte, was ein gutes Zeichen ist, während des ganzen Winters auf normalem Niveau waren.

Ich hatte jedenfalls noch keinen Anlass für eine Beschwerde während der vielleicht fünfzig Tage und Nächte, die ich bisher im Haus verbrachte. Die Bachofens achten darauf, dass alles in Schuss bleibt. Er halte es in dieser Hinsicht mit dem seinerzeitigen Bürgermeister von New York, Rudi Giuliani, sagt Dominic: «Zero Tolerance». Wenn er, seine Gouvernante oder ein anderer Mitarbeiter einen abgelaufenen Teppich in einem Gang, einen Kratzer an der Wand einer Suite oder etwas ähnliches entdecke, werde dieser (Kleinst-)Mangel auf der sogenannten «Snagging List» festgehalten. Und diese werde, wenn das Haus geschlossen ist und keine Gäste beherbergt, abgearbeitet. «Unser Gast will keine Spuren von Vorgängern entdecken.» Und damit habe ich gelernt, weshalb das Carlton auch im Jahre elf seit der Wiedereröffnung noch immer aussieht wie neu.

Das Leben ist kein Wunschkonzert, weiss man. Doch wenn Dominic Bachofen einen Wunsch anbringen dürfte: «Ich wünsche mir, dass wir alle im Tal unsere Gäste von nah und fern noch mehr mit der Engadiner Freundlichkeit und Wärme empfangen, die uns ausmacht. Denn mit jedem lächelnden Gast würde die berühmte St. Moritzer Sonne noch heller scheinen. Und das wäre dann wirklich Top of the World

Text: Mark van Huisseling| Fotografie: Karine & Oliver

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