Frutt Lodge | Melchsee-Frutt | Magazin Zürich

13. Februar 2018
Urlaub kann Zuhause sein

Erlebnisbericht Frutt Lodge

Unten grau, oben blau. Wer irgendwie kann, der flüchte vor Nebel und Tristesse in die Berge. Zum Beispiel in die Frutt Lodge auf 1920 Meter über Meer.

Vielleicht ist «flüchten» nicht ganz das richtige Wort. Worauf ich hinauswill: «Ich habe eine Welt im Kopf – an einem wunderschönen Ort. Und wenn es hier unten manchmal zu düster wird, oder zu blöd, dann wohn ich dort.»

«Wohnen», so denken Sie bestimmt, sei ein gar grosses Wort dafür, in einem Hotel Station zu machen. Mitnichten, finde ich und begründe meine These mit den Worten von Adalbert Bauwens, der sagte: «Man lebt so, wie man wohnt, man wohnt so, wie man lebt.» In anderen Worten: Sind die Voraussetzungen gegeben, für die Frutt Lodge trifft das zu, ist der Rest Einstellungssache und eine Frage der Authentizität. Urlaub kann Zuhause sein, umgekehrt funktioniert das genauso gut. Unterm Strich geht es hüben wie drüben um Lebensqualität.

Weg vom philosophischen Ansatz, zurück zur Frutt Lodge. Zu konkreten und griffigen Beispielen. Wohnen lässt es sich hier ganz wunderbar am offenen Kamin in der Lounge. Bestenfalls mit einem Glas Wein in der Hand. Ein wärmendes Feuer und ein Schluck Sorgenbrecher, so finde ich, gehören irgendwie zusammen. In der Bar gibt es keinen Kamin, dafür leckere Drinks und kuschelige Ecken zum Verweilen. Ähnliches gilt für die Zigarren-Lounge. Auch dort kann man den Tag ausklingen lassen, darüber sinnieren, was am nächsten Tag ansteht und erlebt werden will. Nach einem feinen Abendessen eine gute Wahl, sofern man Zigarren mag und das ganze Drum und Dran.

Jetzt noch zwei Erwähnungen, die mit Wohnen allenfalls am Rande zu tun haben. Mit der Frutt Lodge aber schon: Wer des Nachts nicht schlafen kann – die Höhe ist nicht jedermanns Sache – wird bei klarem Himmel mit einem staunenswerten Sternenzelt belohnt. Darum hat selbst das Wachliegen hier oben seinen Reiz. Dämmert dann erst der Tag und die gegenüberliegenden Bergspitzen erwachen in zartem Strahlenkranz, ist man, zum einen, sprachlos und fühlt sich, zum anderen, für den Schlafmangel entschädigt.

Sowieso ist die Morgendämmerung der Zeitpunkt, zumindest Mitte Januar ist dem so, wo man sich vom Bett lösen sollte. Für eine frühmorgendliche Schlittenfahrt runter auf die Stöckalp. Eine acht Kilometer lange Gaudi, die nicht nur Kinder und Kind gebliebene zum Juchzen bringt. Der Tipp kam von Direktor Thorsten Fink selbst. Quasi hinter vorgehaltener Hand. «Tut euch was Gutes und geht frühzeitig los. Ihr habt dann den Berg für euch und freie Bahn.» Das taten wir und am Tag danach gleich nochmals. Und wenn wir das nächste Mal in der Frutt Lodge nächtigen, tun wir es wieder. Es war zwar, um ein anständiges Wort zu verwenden, bitterkalt, aber ein Riesenspass. Bis zum Frühstück hingegen sollte sich die Mimik wieder normalisiert haben. Die anderen Gäste könnten die glühenden Wangen und leuchtenden Augen allenfalls missdeuten. Und, zu recht, neidisch werden.

Zum Schluss noch dies: Der Aufforderung, in die Berge zu flüchten, sollten Sie dann nachzukommen, wenn es die anderen nicht tun. Sprich, unter der Woche. Die Wochenenden sind, sagen wir mal, und untertreiben dabei, ziemlich gut besucht und das wahrscheinlich das ganze Jahr über. Sich andersrum zu verhalten hat in meinen Augen nur Vorteile. Der Gast geniesst mehr Ruhe, der Hoteldirektor eine ausgewogene Auslastung und das Ganze nennt sich Win-Win-Situation.

Text: Urs Blöchliger | Fotografie: Urs Blöchliger

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