31. Oktober 2019
Vertrauen ist Mutprobe
Steinfels Wine & Spirits
Was ein Wort zählt? Ein Handschlag? Ziemlich viel, finde ich und mache damit meinem Auftraggeber und dessen Kunden ein Kompliment.
Zu behaupten, früher sei alles besser gewesen, wäre etwas dick aufgetragen. Allerdings, so finde ich, gibt es schon das eine und andere, das besser war. Und mitunter deutlich einfacher. Beispielsweise die Art und Weise, wie wir früher miteinander Geschäfte machten – nämlich per Handschlag. Frei nach dem Motto: Ein Mann, ein Wort. Vertrauen auf Vorschuss also. Was in diesem Fall bedeutet: Eine Dame, drei Herren, ein Wort.
Man kann mir jetzt vorwerfen, solche Gebaren seinen, um es nett auszudrücken, altmodisch. Oder, die weniger charmante Bezeichnung, realitätsfremd. Was ich nachvollziehen kann. Weil die Bedenken, ob ein Vertrag per Handschlag überhaupt Gültigkeit hat, nicht aus der Luft gegriffen sind. Zumal in unbeständigen Zeiten Rechtsunsicherheit nicht das ist, worauf man abzielt.
Der Angelpunkt aber ist ein anderer. Der, dass grundsätzliche Werte wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Pünktlichkeit, mit denen ich aufgewachsen bin, zunehmend an Bedeutung verlieren. Notabene zugunsten von kurzfristigen Resultaten und flüchtigem Nutzen. Kurz gesagt: Integrität tut zwar not, ist aber häufig am Arsch. Das ist jetzt weniger höflich formuliert. Trifft den Nagel allerdings auf den Kopf. Und das ist, was zählt.
Was bringen die besten Ideen, wenn sie nur Ideen bleiben?
Zählen tut glücklicherweise auch, dass es Zeitgenossen gibt, die sagen, was sie denken und tun, was sie sagen. Was anregend ist wie ein Spaziergang im Regen und dem täglichen Wirken einen Wert gibt. Zwei Dinge, so mein Empfinden, für die sich das morgendliche Aufstehen lohnt. Wobei wir bei einem Nebennerv dieser Erzählung angelangt sind: Was bringen die besten Ideen, wenn sie nur Ideen bleiben? Nichts als ungenutzte Möglichkeiten. Davon haben wir auf dem iPhone allerdings schon genug. Anderswo im Leben, nebenbei gesagt, auch.
Initialzünder ist immer das Aussehen
Worauf ich hinaus will, ist Folgendes: Als Marco Zehnder von Bourquin, Oliver Wullschleger von Steinfels Wine & Spirits und ich die Köpfe das erste Mal zusammensteckten, ging es nicht darum, Weinverpackungen neu zu erfinden. Im Grunde genommen ging es nur darum, diese aufzumöbeln. Weil erstens die Verpackungen, so wie sie sind, gut sind und zweitens, entgegen der landläufigen Meinung, Äusserlichkeiten eben doch wichtig sind. Wer etwas anderes sagt, ist nicht ganz ehrlich. Oder nicht auf dem Laufenden. Initialzünder ist immer das Aussehen. Punkt.
Zurück zum Kern der Sache: Als wir uns dafür entschieden, den Kreis 5, also das Areal, wo Steinfels die Wurzeln hat, zu thematisieren und für die künstlerische Umsetzung Marion Duschletta ins Boot holten, taten wir das einstimmig. Jeder einzelne von uns mit einem inneren Bild im Kopf – das Endergebnis in bunten Farben ausgemalt. Selbstverständlich wurde auch über Geld gesprochen. Über Zeit ebenfalls, über Verantwortlichkeiten und Termine. Wenn ich mich richtig entsinne, taten wir das ein einziges Mal. Danach handelten wir. Und zwar rasch und konkret. Weil eine Vision ohne Aktion reine Halluzination ist. Wir schaufelten uns also Zeit dafür frei und taten, was zu tun war. Mit dem Resultat, die Welt in wenigen Wochen um ein kleines Stück Kreativität bereichert zu haben.
Ob es hierbei einen Haken gab? Auf die Gefahr hin, dass meine Antwort jetzt etwas grossspurig daherkommt: Nein, zu keinem Zeitpunkt. Nicht den kleinsten. Marco hat einen Kunden glücklich gemacht, Oliver kann seine Weinfreunde mit einer Geschenkverpackung überraschen, die sonst keiner hat, und Marion durfte sich gestalterisch austoben. Unterm Strich sehe ich nur Gewinner. Mich inklusive. Weil unser Projekt den Beweis erbringt, dass mein Wertesystem noch nicht ganz ausgedient hat. Und weil Karines & Olivers Bilder Zeugnis davon ablegen, dass es immer die Emotionen sind, die triumphieren – und nicht der Verstand. Anders ausgedrückt: Um loszulegen, müssen wir aufhören zu reden und anfangen zu handeln. Auch dann, wenn wir nicht restlos wissen, wohin es uns führt. Hauptsache, wir dürfen aufeinander zählen.
Text: Urs Blöchliger | Fotografie: Karine & Oliver
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