Béatrice Knöpfel | Infoteam | Magazin Zürich

5. Oktober 2004
Apropos Verkauf

Von zufriedenen Kunden und Loyalität

Wo Theorie und Praxis auseinandergehen. Verkaufsprofi Béatrice Knöpfel über die alltäglichen Erwartungen von Kunden an das Verkaufspersonal.

Die Wirtschaftslage entspannt sich. Von Analysten, Produzenten und Konsumenten sind tendenziell positive Signale zu vernehmen. Da stellt sich die Frage: Ist der Verkauf für den bevorstehenden Aufschwung gerüstet? Hat das Management in den vergangenen Monaten dazugelernt und wurde das Personal an der Front entsprechend sensibilisiert? Zu hoffen ist es, denn im Verkauf liegt einiges im Argen: Wenn sich Unternehmen künftig wieder mit dem Prädikat «Marke Armbrust» auszeichnen wollen, müssen hier dringend einige Anpassungen vorgenommen werden. Die Armbrust steht nämlich für Qualität, Freundlichkeit und Kompetenz.

Verkaufspersonal beobachten
Machen Sie die Probe aufs Exempel: Bummeln Sie bei Gelegenheit durch die Stadt und machen Sie dabei eine kleine Einkaufstour durch Ihre Lieblingsstrassen. Halten Sie Augen und Ohren offen. Beobachten Sie das Servier- und Verkaufspersonal in den Cafés, Restaurants, Warenhäusern und Boutiquen. Nehmen Sie die Kundenberater am Bankschalter, an der Kinokasse und im Reisebüro einmal etwas genauer unter die Lupe. Verwickeln Sie das Personal in ein Verkaufsgespräch und fordern Sie Aufmerksamkeit. Suchen Sie nach einem sympathischen Lächeln, nach herzlicher Wahrnehmung und nach echter Begeisterung. Achten Sie auf ehrliches Interesse und fragen Sie nach, wo und wann Sie etwas Bestimmtes erhalten und wie es funktioniert. Sie werden mit Sicherheit einige Beispiele finden, wie man es nicht machen soll.

Den Kunden glücklich machen
Arroganz als abwertende Haltung gegenüber vermeintlich unwissenden Kunden weist in der Regel nur auf die eigene Ahnungslosigkeit hin und macht blind gegenüber der Wirklichkeit. Während sich Arrogante ohne Absicht ins eigene Fleisch schneiden, wollen Ignoranten absichtlich etwas nicht sehen, hören oder wissen. Und das ist verletzend. Die Ursache für diese kontraproduktive Verhaltensweise liegt wohl weitgehend im allgemeinen Wohlstand und Wertezerfall. Die Lösung kann nicht sein, den Mitarbeitenden für solches wiederkehrendes Verhalten mit einer Lohnkürzung zu bestrafen. Er würde den Kunden wahrscheinlich noch mehr als Störenfried betrachten. Die einfachste und wirksamste Lösung ist das Vorleben. Durch ein gutes Beispiel wird jeder Erfolg greifbar, verständlich und nachvollziehbar. Ein Unternehmen lebt nicht von dem, was es produziert, sondern von dem, was es verkauft. Es ist der Verkauf, der das Unternehmen finanziert. Vor diesem Hintergrund ist es unerklärlich, warum im Verkauf nicht professioneller vorgegangen wird. Schliesslich steht und fällt der Erfolg mit den schlagkräftigen Teams an der Front. Dabei sollte die Kundengewinnung resp. die Kundenpflege oberste Priorität haben. Verblüffend ist auch, wie selbstzufrieden die einmal erreichte Qualität von gewissen Firmen propagiert und vermarktet wird. Dabei ist diese oft nichts anderes als ein starrer Zustand und nicht das Ergebnis ständiger Bemühungen und Anstrengungen.

«Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen.»

Rational betrachtet ist der Verkauf ein betriebswirtschaftlicher Austauschprozess von Waren, Gütern oder Dienstleistungen gegen Geld. Aber Achtung: Bei diesem Vorgang werden auf beiden Seiten starke Emotionen freigesetzt, die nicht unterschätzt oder gar ignoriert werden dürfen. Und genau hier liegt wahrscheinlich die Knacknuss. Der Kunde hat das legitime Recht, Erwartungen an das Personal und die Dienstleistungen und Produkte zu stellen. Es ist Aufgabe und Berufung des Verkäufers, diesen Wünschen und Bedürfnissen professionell zu begegnen. Es muss in seiner Verantwortung bzw. in seinem Interesse liegen, den Kunden abzuholen und ihn im Rahmen seiner Möglichkeiten glücklich zu machen. Die Voraussetzungen hierfür sind so klar wie unspektakulär: Es geht um die persönliche Einstellung (Philosophie) und es geht um Methoden und Techniken (Handwerk). So wird Verkaufen zu einem der vielfältigsten und schönsten Jobs überhaupt.

Tatsächlich ist die persönliche Einstellung der wichtigste Faktor in der Rezeptur aller erfolgreichen Menschen. Das gilt speziell für den Verkauf. Bereits Giuseppe Mazzini philosophierte: «Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen.» Viele Menschen finden Sinn in einer Sache, in einer Aufgabe oder durch das Erbringen einer Leistung. Diese Menschen gehen nicht einfach zur Arbeit. Nein, sie haben eine Mission und wollen etwas bewegen. Sie haben Visionen, stecken sich Ziele und übernehmen Verantwortung. Sie sind begeistert und wollen das Unmögliche möglich machen. Sinn ist für sie eine Möglichkeit, hier und jetzt etwas zu tun, die Situation zu verändern, etwas zu machen.

Unvergessliches Erlebnis
Selbstverständlich erwartet der Kunde nicht nur einen vom Sinn erleuchteten Verkäufer mit starkem Drang nach Selbstverwirklichung. Nein, er will mit einem Berater rechnen, der sein Handwerk versteht und der die systematische Vorgehensweise sowie Verfahren und Fertigkeiten zur Erreichung der Ziele kennt. Jeder Kunde freut sich, wenn sein Kauf zu einem unvergesslichen Erlebnis wird. Er sehnt sich nach Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Er will, dass man ihm zuhört und dass der Verkäufer auf seine Bedürfnisse, Wünsche, Ängste und Sorgen eingeht. Denn er hat ein individuelles Problem und will keine vorgefertigten Lösungen, die nur dem Verkäufer dienen. Verkaufen ist eine stetige Herausforderung, die Spass machen und immer wieder von neuem erlernt werden muss. Dabei ist jede eingesteckte Niederlage ein weiterer Pflasterstein auf der Strasse zum Erfolg. Hand aufs Herz: Was gibt es schöneres als zufriedene Kunden, die treu und loyal sind?

Text: Béatrice Knöpfel | Fotografie: Siggi Bucher

Die Frau vom Fach, Béatrice Knöpfel, für den ALPHA Kaderanzeiger
Erschienen im Tagesanzeiger vom 3. Oktober und Sonntagszeitung vom 4. Oktober 2004

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