Urs Blöchliger | Publizist | Magazin Zürich

20. Januar 2016
Die ewige Schuldfrage

Bitte richten Sie’s mal

Ob unser Wohlstand in Gefahr ist? Aber selbstverständlich – und Schuld sind die anderen.

In Tat und Wahrheit ist die Sache recht einfach. Unser Reichtum liegt in der Geschichte der vergangenen 90 Jahre begründet und stützt sich auf drei Ursachen: ständiger Frieden, das Nachkriegswachstum unserer geografischen Nachbarn und die aus dem 19. Jahrhundert geerbte Branchenstruktur.

Auf unserem eigenen Mist gewachsen sind ein ausgezeichnetes Bildungssystem und die auf Stabilität ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Ende der Durchsage. Mehr war da nicht. Man darf getrost sagen: Unser Wohlstand ist zum grossen Teil auf Glück zurückzuführen. Können und Verstand spielten dabei die kleinere Rolle.

Schuld sind die Anderen
Aus dieser Kurzfassung kann in praxi eine klitzekleine Polemik entstehen. Mir soll’s recht sein. Realität ist, dass sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen drastisch verändert haben. Und das ganz fix und geschwind. Kaum Zeit für den einen und anderen sich umzugucken. Angriff ist die beste Verteidigung, sagt sich da der kleine Mann von der Strasse und hat ganz flott eine Diagnose gestellt und zügig die Verursacher der Misere aufgespürt. Soviel ist dann mal klar: Schuld sind die Anderen. Entsprechend laut das Geschrei nach Beistand, nach flankierenden Massnahmen, Rettungsfonds und weiss der Teufel was sonst noch mehr. Und je wehleidiger das Lamentieren auf der Strasse, desto wuseliger geht es bei den hochdekorierten Akteuren aus Wirtschaft und Politik zu. Die sollen es richten.

«Jeder für sich selbst. Zuerst im Kopf, dann mit Taten.»

Gegenvorschlag: Wir sind ja nicht doof und können auch was. Zum Beispiel den unabwendbaren Wandel selber in die Hand nehmen. Jeder für sich selbst. Zuerst im Kopf, dann mit Taten. Niemand sagt, dass es leicht wird. Wenn wir allerdings auch die Zukunft in Wohlstand verbringen möchten, dann sollten wir weniger auf ach so günstige Fügungen warten, sondern den Finger rausnehmen und an unseren Stärken arbeiten. An ganz profanen Dingen wie Leistungswillen, Zuverlässigkeit, Innovation, Wissen und der Bezeichnung «Swiss Made». Noch sind Schweizer Spitzenleistungen weltweit heiss begehrt. Besser, wir machen etwas daraus.

Text: Urs Blöchliger | Fotografie: Fredi Tschui

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